von Ramona Hammerl

Lesezeit: 10 Minuten

 

„Wow, einmal diese Aussicht genießen“, flüstert mir meine Freundin im Kino zu. „Aber das würde ich mir niemals trauen.“

Auch ich komme ins Schwärmen. Die Leinwand zeigt einen durchtrainierten Mann auf einem Berggipfel. Schweiß tropft von seiner Stirn, doch neben den Anstrengungen in seinem Gesicht, entdecke ich noch etwas anders. Das Gefühl von Freiheit glitzert in seinen Augen.
Meine Hände zittern beim Gedanken, selbst auf so einem Berg zu stehen.
Was hält mich eigentlich davon ab?

Meine Ängste, denke ich. Dass ich dem körperlich nicht gewachsen bin. Dass ich zurückkomme und sagen muss: „Ich habe es nicht geschafft.“

Trotzdem ziehen mich Abenteuer magisch an.

 

Ich zeige dir 10 Schritte, wie auch du dein Abenteuer trotz deiner Angst planen und erleben kannst.

 

 

 

 

# 1 Wovon träumst du?

Alle paar Jahre ploppt in meinem Kopf eine neue Idee für eine Sportart auf, die ich ausprobieren will. In der letzten Zeit waren das u.a., Wildwasserkajak fahren, Kitesurfen, Paragliding und Langstreckenwandern. Ich wollte alleine aufbrechen und die Einfachheit der Natur genießen. Ich erhoffte mir eine landschaftlich abwechslungsreiche Strecke, die ich so autark wie möglich, komplett zu Fuß und am liebsten mit eigenem Zelt zurücklegen konnte. Ich wollte ausprobieren, mich durchzukämpfen.

Was möchtest du konkret erleben?

Das wichtigste Element bist du ganz allein.

Wie soll dein Abenteuer aussehen?

 

 

# 2 Nutze die Kraft deines inneren Motors

Es gibt viele Gründe, warum Leute ein Abenteuer erleben wollen.

Willst du dir einen Kindheitstraum erfüllen?
Willst du das Gefühl von Freiheit auf deinem schwitzenden Körper fühlen?
Willst du Adrenalin in deinen Adern?
Willst du einfach etwas Neues erleben oder ausprobieren?
Willst du deine Grenzen kennenlernen?
Willst du mit der Natur verbunden sein?
Willst du den Alltag mal hinter dir lassen?

Worauf es ankommt, ist, was du tief in deinem Inneren fühlst, wenn du an deinen Abenteuertraum denkst. Das treibt dich an!

Deine Motivation ist das Öl im Motor. Wenn es unterwegs richtig knirscht, dein Körper ächzt, dann brauchst du einen Schuss Öl. Das Öl musst du aber mitnehmen, unterwegs findest du vielleicht keins.

Überlege also: Was treibt dich an?
Wenn du magst, schreibe deine Motivationen schriftlich auf, das hilft dir ebenfalls bei der Umsetzung.

 

 

# 3 Räume Hindernisse beiseite

Vor jedem Abenteuer habe ich Angst.
„Was passiert wenn ich es nicht schaffe?“
„Was sagen die anderen, wenn ich versage?“
„Was, wenn ich mich verletze und ganz alleine auf Hilfe warten muss?“

Als ich über die Fjordruta in Norwegen recherchierte, schossen diese Gedanken unkontrolliert durch meinen Kopf. Sie verfolgten mich die ganze Zeit und auch wenn ich mir sicher schien – das Fjell, dort alleine und mit minimalem Gepäck – das wäre mein Ziel. Meine Angsthasenstimmen blieben und versuchten mir meinen Traum auszureden.

Es gibt viele Hindernisse. Finanzielle Probleme, körperliche Grenzen, Verpflichtungen, beruflich oder privat. Sie scheinen haushoch im ersten Moment. Oft lassen sich aber doch Lösungen oder zumindest Kompromisse finden. Es muss nicht immer der höchste Gipfel eines Kontinents sein oder eine fünfmonatige Auszeit und trotzdem können wir ein Abenteuer wagen und unser Leben damit bereichern.

„Ja ich habe Angst“, sagte ich mir beim Buchen der Flugtickets. „Aber ich schaffe es trotzdem. Ich erfülle mir hier einen Traum.“

Welche Hindernisse und welche Ängste behindern dich bei deinem Abenteuertraum? Setz dich mit ihnen auseinander, suche nach Strategien sie zu umschiffen. Räum sie aus dem Weg!

 

 

# 4 Setz Flagge, Kompromisse sind okay

Ziele, die ich mir setze, verhindern, dass ich zwischendurch zu schummeln beginne. Ich kenne mich. Plötzlich rede ich mir ein, der Gipfel wäre nicht das Ziel, sondern die nächste Hütte wäre auch okay. Bullshit. Diese Enttäuschung solltest du dir ersparen.

Außerdem: Richte dein Ziel realistisch nach deinen körperlichen, psychischen, finanziellen, zeitlichen (…) Möglichkeiten aus.

Halte dein Ziel schriftlich fest. Es sollte dich weder unter-, noch überfordern. Wie dein Abenteuer aussehen soll, bestimmst nur du, mit den Möglichkeiten, die dir zur Verfügung stehen.

 

 

# 5 Hintern hoch und Sachen packen

Für mich bedeutete mein Fjordruta-Abenteuer eine genaue Recherche von Wanderroute, Ausrüstung und Kosten. Ich informierte mich über mögliche Gefahren und Strategien dagegen.

Je nach Abenteuer und Reise kann die Vorbereitung des Materials, die Routenplanung etc. Unterschiedliches beinhalten und verschieden lang dauern. Wichtig ist, dass du dir genügend Zeit dafür lässt und dich wirklich gründlich vorbereitest.

Auf Plan A, folgen Alternativpläne B und C. Mögliche Hindernisse der Reise solltest du vorab feststellen und Lösungen finden. Reduziere Stress und Angst vor dem Abflug, indem du dich gut vorbereitet fühlst.

 

 

# 6 Stärke Körper und Geist

Neben der strategischen Planung und des (viel zu knappen) körperlichen Trainings, widmete ich mich meiner mentalen Vorbereitung. Das erwies sich später als superwichtig.

Angelehnt an # 2 – die Motivationsgrundlage – stellte mir folgende Fragen vorab:
Warum ist es mir wichtig, dieses Ziel zu erreichen?
Wofür mache ich das?
Lohnen sich all die Anstrengung und Risiken überhaupt?

Sobald es anstrengend, knifflig oder sogar gefährlich wird, brauchst du eine Antwort auf diese Fragen, falls du nicht beim ersten kleinen Hindernis umkehren willst.

Überlege also nochmal genau, welche Motive dich antreiben und intensiviere deine Stichpunkte aus # 2 und # 3

Was gibt es, das dich entspannt?
Vor Abflug und während der Reise?
Wie kannst du dich ablenken?

Überlege auch, ob du körperlich trainieren solltest, falls es sich um ein sportliches Abenteuer handelt.

 

 

# 7 Du darfst weinen, so viel du willst

Abenteuer sind Emotionen pur. Auch schon vorab.
„Wie werde ich mich fühlen, so ganz alleine?“
„Werde ich einsam sein?“
„Was ist, wenn ich es körperlich nicht schaffe?“
„Was passiert, wenn ich mich verlaufe?“

In mir tobte ein Wirbelsturm von Gefühlen. Ich versuchte mich zu beruhigen und sagte mir, dass es normal ist, nervös zu sein.
Ein Abenteuer bedeutet immer ein Schritt ins Ungewisse. Notfall- und Abbruchpläne nahmen mir meine Unruhe ein Stück weit. Trotzdem gafften mich bei jedem Blick in den Spiegel meine Ängste an. Ich versuchte, mutig zu antworten.
„Ich werde es schaffen.“
„Ich bin gut vorbereitet.“

Habe keine Angst vor peinlichen Spiegelgesprächen mit dir selbst.

 

 

# 8 Setze dich bei Omi durch

Es gibt Freunde, die finden es toll, wenn ich ihnen von meinem nächsten Trip erzähle. „Bin schon gespannt“, sagten sie. Und. „Pass auf dich auf.“
Okay, geht klar.
Dann gibt es aber auch Leute im sozialen Umkreis, die finden es gar nicht lustig, was man da vorhat. „Musst du denn schon wieder so umtriebig sein?“, fragte die Oma. „So findest du aber keinen Mann.“
Oder die Kollegen. „Nicht, dass du dir ein Bein brichst und dann nicht mehr arbeiten kannst.“

Maßnahme 1. Gemüter beruhigen und sich selbst gleich dazu.
Aus deinen Lieben sprechen Angst und Unsicherheit. Sprich über deine Sicherheitsvorkehrungen, die du getroffen hast.

Maßnahme 2. Sich abgrenzen. Innerlich wie äußerlich.
Du musst eventuell in Kauf nehmen, dass sich nicht jedermann beruhigen lässt und akzeptieren, dass nicht alle toll finden, was du vorhast. Das ist okay!
Und: Du bist nicht jedem eine Rechenschaft schuldig.
Vermeide vorsorglich das Thema bei bestimmten Leuten, bei denen du von vornherein weißt, dass sie es nicht verstehen werden.

 

 

# 9 Zieh es durch

Der Tag des Abflugs war da. „Endlich!“, schrie ich und zitterte mit meinem Flugticket in der Hand, schweißüberströmt vor dem Schalter am Flughafen. Die Frau hinter dem Schalter sah mich komisch an.
Aus dem Traum wurde Realität. Und die Realität überrascht mich jedes Mal wieder, mit den Dingen, die ganz anders sind, als man sie sich vorgestellt hat.
Dann stand ich auf den Pfaden der Fjordruta. Lief durch Wälder und über Fjell, stapfte durch Sümpfe. Meine Füße waren ständig nass, ein Wunder, dass ich keine Blasen bekam. Die Route war anspruchsvoll, doch ich konnte es schaffen. Ich biss mich durch und dachte daran, warum ich das hier machte, hielt oftmals an, schaute mich um, blickte über die vielen Hügelchen und glitzernden Fjorde. Dann atmete ich durch und nahm die Energie in mir auf, die (über meine nassen Wanderstiefel) zu mir hochströmte. ‚Diesen Moment gibt es nur einmal im Leben‘, dachte ich mir dann. Auch wenn meine Beine schmerzten, ich zitterte und der Wind mich fast umschmiss, war es die Aussicht doch wert den Weg gelaufen zu sein.
Ich fühlte mich frei und eins mit der Natur. Mein Körper war nur so stark, wie meine mentale Stärke es zuließ. Es gab Tage an denen ich drei Mal geheult, vier Mal wütend Steine getreten und fünf Mal über irgendwelche Kleinigkeiten lachen konnte. Doch ich lief immer weiter.

 

 

# 10 Sei stolz auf dich

Ich erinnere mich daran, kuschelig warm eingepackt im Flieger sitzend, ein letzter Blick aus dem Fenster und auf die Fjordruta gerichtet.

Mir liefen Tränen über die Wangen, sie brannten förmlich auf meiner Haut, gefärbt voll Freude und Abschiedsschmerz. Ich war stolz auf mich und wusste, dass ich dieses Erlebnis niemals vergessen würde. Jetzt freute ich mich auf mein trockenes Zuhause.

Klopfe dir selbst auf die Schulter, wenn du dein Ziel erreicht hast. Lass dir ruhig auch von anderen deine Schultern betätscheln. Von Freunden, von Kollegen und deiner Familie. Sie werden anerkennend nicken und du darfst es genießen. Was du an dieser Stelle geschafft hast, schafft nicht jeder und macht auch nicht jeder.
Falls du dein Ziel nicht, oder nicht ganz erreicht hast kannst du trotzdem sehr stolz auf dich sein. Meist bringen einen die Fehlschläge weiter im Leben, als die Erfolge. Vielleicht gerade deswegen, weil sie bitter schmecken und Stärke von einem verlangen, mit ihnen umzugehen. Auch das wirst du schaffen, sollte es der Fall sein.

 

 

Fazit

Ich denke bereits daran, mein nächstes Abenteuer zu planen.

Jetzt bist du dran.

Auch du kannst dein Abenteuer finden, dich frei fühlen, dich deinen Herausforderungen stellen. Pack es an und höre auf deinen inneren Wunsch.

Du wirst den Mut aufbringen und deine Grenzen kennen lernen.

Danach wirst du kein angstfreier Mensch sein, aber das ist auch nicht das Ziel. Viel mehr dein Leben selbstbewusst zu gestalten. Nach deinen Wünschen.

Hast du schon erste Ideen?

Eure Ramona Hammerl